Die drei Knoten oder Granthis beschreiben die physische, vitale und mentale Unwissenheit, die unser Bewusstsein an die physische Welt fesseln und unsere Seele an die oberflächliche Persönlichkeit binden. Wenn diese Knoten durchbrochen werden, weitet sich unser Bewusstsein und öffnet sich für die kosmischen Ebenen der Physis, des Lebens (Vital) und des Mentals.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Das Sanskrit-Wort granthi m bedeutet «Knoten, Blockade».
In den frühen indischen Schriften wie den Veden und Upaniṣaden hatten diese Granthis noch keine Namen. Erst in den späteren Schriften wurden diese entsprechend der indischen Dreieinigkeit (trimūrti) als Brahma-, Viṣṇu- und Rudra- oder Śiva-Granthi benannt.
Neben diesen Haupt-Granthis werden im Āyurveda auch Drüsen und Organe als Granthis bezeichnet, z.B. Sūryagranthi, die Bauchspeicheldrüse.
Dieser Beitrag beschäftigt sich nur mit den drei oben erwähnten Haupt-Granthis.
Erwähnung der drei Granthis in den Veden
Die drei Granthis (Knoten) werden im Ṛg-Veda im 5. Liederkreis (maṇḍala) im Buch der Atris erwähnt. Da wird erklärt, wie der Rishi Śunaḥśepa, welcher durch drei Schnüre oder Bänder (Granthis) an den Opferpfosten gebunden war, durch die Gnade von Varuṇa befreit wurde.
Ṛg-Veda, 5,2,7 – das Buch der Atris
śunaścicchepaṃ niditaṃ sahastrād yūpādamuñco aśamiṣṭa hi ṣaḥ ।
evāsmadagne vi mumugdhi pāśān hotaścikitva iha tū niṣadya ॥7॥
Übersetzung von Sri Aurobindo vom Englischen ins Deutsche übersetzt:
„Auch Shunahshepa war an den tausendfachen Pfahl des Opfers gebunden, du hast ihn befreit, und er erlangte Ruhe;¹ so nimm deinen Sitz hier in uns ein, oh bewusster Wissender, oh Priester des Rufes, und löse die Stricke unserer Knechtschaft von uns.“
1) Oder: er hat das Werk vollendet
Sri Aurobindo schreibt in Das Geheimnis des Veda, Seiten 347-348 (Hymnen der Atris: Vorwort):
„Wenn er Agni anruft, «O Agni, Priester der Gabe, löse von uns die Schnüre», gebraucht auch der Seher des Hauses Atri ein nicht nur natürliches, sondern auch inhaltsträchtiges Bild. Er denkt an die dreifache Schnur von Mental, Nerven und Körper, durch die die Seele als Opfer beim großen Weltopfer gebunden ist, dem Opfer des Purusha. Er denkt an die Kraft des göttlichen Willens, der bereits in ihm erwacht und am Werke ist, eine feurige und unwiderstehliche Gottheit, die seine unterdrückte Divinität erhöhen und die Schnüre ihrer Bindung zerschneiden soll. Er denkt an die Macht jener wachsenden Kraft und inneren Flamme, die alles empfängt, was er zu geben hat, und es zu ihrem fernen und schwierigen Heim trägt, zur hochgelegenen Wahrheit, zum Entlegenen, zum Geheimen, zum Erhabenen. Alle diese Assoziationen gehen uns verloren. Wir sind ganz eingenommen von den Gedanken an ein rituelles Opfer und eine materielle Schnur. Wir stellen uns den Sohn Atris vielleicht als Opfer vor, das bei einem alten barbarischen Opfervorgang angebunden ist und den Gott des Feuers um physische Befreiung anruft.
Ein wenig später singt der Seher von der wachsenden Flamme, «Agni leuchtet weit mit unermesslichem Licht und macht alle Dinge offenbar durch seine Größe». Was sollen wir darunter verstehen? Sollen wir annehmen, dass der Sänger, irgendwie von seinen Schnüren befreit, still das große Aufleuchten des Opferfeuers bewundert, das ihn eigentlich verschlingen sollte, und uns wundern über die raschen Gedankensprünge des primitiven Mentals? Nur wenn wir entdecken, dass das «unermessliche Licht» in der Sprache der Mystiker ein feststehender Ausdruck für ein weites, freies und erleuchtetes Bewusstsein jenseits des Mentals war, erfassen wir den wahren Leitgedanken der Rik. Der Sänger preist seine Befreiung von der dreifachen Schnur von Mental, Nerven und Körper und das Hervortreten von Wissen und Willen in ihm zu einer Ebene des Bewusstseins, auf der die eigentliche Wahrheit der Dinge, jenseits ihrer scheinbaren Wahrheit, endlich in unermesslicher Erleuchtung offenbar wird.“
Weiter schreibt Sri Aurobindo in Das Geheimnis des Veda, Seite 163 (Die Angirasa Rishis):
„… Wenn auch etwas Wahres an der alten Legende des Shunahshepa sein mag, der als Opfer an den Opferaltar gebunden wurde, so ist es doch, wie wir sehen werden, ganz sicher, dass im Rig-Veda der Vorfall oder die Legende als ein Symbol der menschlichen Seele gebraucht wird, die durch die dreifache Schnur der Sünde gebunden ist und von ihr durch die göttliche Macht Agnis, Suryas, Varunas befreit wird. …“
Über Varuṇa, den Erlöser von den drei Granthis
Im Ṛg-Veda kommen 33 verschiedene Götter (devas) vor.
„Die vedischen Götter repräsentieren die universellen, vom Wahrheits-Bewusstsein abgestiegenen Kräfte, welche die Harmonie der Welten und im Menschen in fortschreitender Perfektion aufbauen. Die vedischen Götter sind Namen, Kräfte, Persönlichkeiten der universalen Gottheit und sie alle stellen die wesentlichen Kräfte des göttlichen Seins dar. Sie manifestieren den Kosmos und werden durch diesen offenbar.“ Sri Aurobindo in Vedic Symbolism.
Varuṇa (Sanskrit: «der Umhüller») ist einer der höchsten und am meisten verehrten indischen Gottheiten der frühvedischen Zeit. Er repräsentiert im Menschen die Weite, das Recht und die Reinheit und gilt als Erlöser von den drei Granthis.
Sri Aurobindo’s Beschreibung von Varuṇa, enthalten im Buch Vedic Symbolism (Zusammengestellt von Sri M.P. Pandit), ins Deutsche übersetzt:
„Der ätherische, ozeanische, unendliche König des weiten Seins, des weiten Wissens und der weiten Macht, eine Manifestation der aktiven Allwissenheit und Allmacht des einen Gottes, ein mächtiger Hüter der Wahrheit, Bestrafer und Heiler, Herr der Schlinge und Erlöser von Stricken, der Denken und Handeln zum weiten Licht und zur Macht der fernen und hocherhobenen Wahrheit führt. Varuna ist der König aller Reiche und aller göttlichen und sterblichen Wesen, Erde und Himmel und jede Welt sind nur seine Provinzen.
Repräsentiert die ätherische Reinheit und ozeanische Weite der unendlichen Wahrheit.
Seine Gottheit ist die Form oder das spirituelle Abbild einer alles umarmenden und erleuchtenden Unendlichkeit.
Varuna, der König, hat sein Fundament in der alles durchdringenden Reinheit von Sat.
Varuna repräsentiert in der Schöpfung das Prinzip des reinen und weiten Seins, Sat in Saccidananda [sat – cit – ānanda].
Repräsentiert im Menschen die Weite, das Recht und die Reinheit; alles, was vom Recht, von der Reinheit abweicht, prallt von seinem Wesen ab und trifft den Übeltäter als Strafe der Sünde. Solange der Mensch die Größe von Varunas Wahrheit nicht erreicht, ist er durch die dreifachen Fesseln des Geistes [Mental], des Lebens [Vital] und des Körpers als Opfer an die Pfosten des Weltenopfers gebunden und ist nicht frei als Besitzer und Genießer.
Varuna ist die ozeanische Woge des verborgenen Göttlichen, das in der Seele des von Gott befreiten Sehers nach und nach zu seiner eigenen unendlichen Weite und Ekstase aufsteigt.
Die Illusionen, die er mit seinem Tritt zerschmettert, sind die falschen Gebilde der Herren des Bösen. Da Varuna dieser Äther der göttlichen Wahrheit und der Ozean des göttlichen Seins ist, ist er das, was kein personifiziertes physisches Meer oder der Himmel jemals werden könnte: der reine und majestätische König, der das Böse niederschlägt und von der Sünde befreit. Die Sünde ist ein Verstoß gegen das göttliche Recht und die göttliche Wahrheit; ihre Reaktion ist der Zorn des Reinen und Mächtigen. Gegen diejenigen, die wie die Söhne der Finsternis dem Eigenwillen und der Unwissenheit dienen, schleudert der König des göttlichen Gesetzes seine Waffen; die Schnur fällt auf sie herab; sie fallen in die Schlinge von Varuna. Diejenigen aber, die die Wahrheit mit Opfern suchen, werden von der Knechtschaft der Sünde befreit wie ein Kalb, das vom Strick befreit wird, oder ein Opfer, das vom Pfahl befreit wird.“
Sri Aurobindo schreibt in Das Geheimnis des Veda, Seite 444 (Varuna):
„Unwissenheit, diese Gebärmutter der Sünde, erscheint in ihrem Grundeffekt als dreifache Schnur von begrenztem Mental, fruchtlosem Leben [Vital] und dunkler physischer Animalität, den drei Tauen, mit denen in der Parabel der Rishi Shunahshepa als Opfer an den Opferpfosten gebunden war. Das Resultat ist Kampf oder träge Wesensarmut. Das ist die Magerkeit sterblicher Freudlosigkeit und die Unzulänglichkeit eines Wesens, das jeden Augenblick dem Tod anheimfallen kann. Wenn Varuna, der Mächtige, kommt und diese dreifache Schnur zertrennt, werden wir zu den Reichhaltigkeiten und der Unsterblichkeit hin befreit. Aufgerichtet erhebt sich der wirkliche Mensch zu seiner wahren Majestät im ungeteilten Wesen. Die obere Schnur öffnet sich aufwärts und setzt die Schwingen der Seele in überbewusste Höhen frei. Die mittlere Schnur geht in beide Richtungen, ja, in alle Richtungen, wobei das eingeschnürte Leben in eine glückliche Seinsweite hinausbricht. Die niedere Schnur zerreißt nach unten hin, sie nimmt die Legierung unseres physischen Wesens mit sich, um im Stoff des Unbewussten aufzugehen und aufgelöst zu werden. Diese Befreiung ist der Sinn der Parabel des Shunahshepa in seinen beiden großen Hymnen an Varuna.“
Erwähnung der drei Granthis in den Upaniṣaden
Die drei Granthis werden in den Upaniṣaden in der Muṇḍaka-Upaniṣad, 3,2,9 und der Kaṭha-Upaniṣad, 2,3,15 erwähnt.
Muṇḍaka-Upaniṣad, 3,2,9
sa yo ha vai tat paramaṁ brahma veda
brahmaiva bhavati nāsyābrahmavit kule bhavati ।
tarati śokaṃ tarati pāpmānaṁ
guhāgranthibhyo vimukto’mṛto bhavati ॥9॥
Übersetzung von Sri Aurobindo, vom Englischen ins Deutsche übersetzt:
„Wahrlich, wer das Höchste Brahman kennt, wird selbst zu Brahman; in seiner Abstammung wird niemand geboren, der nicht das Brahman kennt. Er geht über den Kummer hinaus, er geht über die Sünde hinaus, er wird von der verknoteten Schnur des geheimen Herzens befreit und wird unsterblich.“
Kaṭha-Upaniṣad, 2,3,15
yadā sarve prabhidyante hṛdayasyeha granthayaḥ ।
atha martyo’mṛto bhavatyetāvaddhayanuśāsanam ॥15॥
Übersetzung von Sri Aurobindo, vom Englischen ins Deutsche übersetzt:
„Ja, wenn alle Bänder des Herzens zerrissen sind, sogar hier, in dieser menschlichen Geburt, dann wird der Sterbliche unsterblich. Das ist die ganze Lehre der Heiligen Schrift.“
Die drei Granthis in den Schriften des Yoga und des Tantra
In den Schriften des Yoga und des Tantra werden die drei Knoten / Granthis mit Namen genannt und werden auch den Cakren zugeordnet. Diese Zuordnung ist zwar in den Schriften nicht einheitlich, doch kommt die unten erwähnte Zuteilung am meisten vor (siehe auch Bild ganz oben).
Im Buch Der Weg des Yoga – Handbuch für Übende und Lehrende steht auf Seite 107:
„Auf ihrem Weg nach oben muss die kuṇḍalinī drei Knoten (granthi) durchstoßen. Sie sitzen im mūlādhāra-, anāhata– und ājñā-cakra und heißen brahma-, viṣṇu- und rudra-granthi. Sie gelten als Stellen, an denen die Widerstandskraft der māyāśakti besonders groß ist….“
Paramapadma Dhirananda schreibt im Buch Yogamrita auf Seite 160:
„Die drei Knoten im suṣumnā-Kanal in der Wirbelsäule werden als brahmagranthi im mūlādhāra (Steißbeinzentrum)*, viṣṇugranthi im anāhata (Herzzentrum) und rudragranthi im ājñā cakra (verlängertes Mark) bezeichnet. Im Allgemeinen sind diese drei Knoten blockiert, wodurch die freie Bewegung des prāṇischen Stromes im suṣumnā nāḍi verhindert wird. Mit Hilfe dieser prāṇāyāma-Übung [Bhastrikā Prāṇāyāma] können die Knoten durchbrochen werden, und kuṇḍalinī śakti kann ungehindert zum sahasrāra Zentrum (Fontanelle) aufsteigen.
* In den tantrischen Schriften wird brahmagranthi oft maṇipūra (Nabelzentrum) zugeordnet.“
Stellvertretend für andere Textstellen in den Schriften des Yoga und Tantra, möchte ich die Beschreibung der Wirkung von Bhastrikā Prāṇāyāma anfügen, welche in der Haṭha-Yoga-Pradīpikā, 2.67 wie folgt beschrieben ist:
samyaghghātra-samudbhūta-granthi-traya-vibhedakam ।
viśeṣeṇaiva kartavyaṃ bhastrākhyaṃ kumbhakaṃ tvidam॥67॥
Übersetzung von Hartmut Weiss im Buch Quellen des Yoga:
„Dieses Bhastrikā-Kumbhaka durchbricht die drei Knoten,
die in der Suṣumnā liegen. Übe es deshalb besonders!“
Die Technik des Bhastrikā Prāṇāyāma kann auf Seite 159 f. des Buches Yogamrita (pdf) von Paramapadma Dhirananda nachgelesen werden.
Die Bedeutung der drei Granthis im Integralen Yoga nach Sri Aurobindo
Es ist anzumerken, dass im Integralen Yoga nicht wie bei den traditionellen Yoga-Methoden von unten nach oben gearbeitet wird (Aufstieg), sondern von oben nach unten (Herabkunft). Detaillierte Informationen sind im Blogbeitrag Öffnung der Cakren von oben nach unten nachzulesen.
Sri Aurobindo schreibt in Die Synthese des Yoga – Seiten 493/494 (Vijnana oder Gnosis):
„Wir können das intuitive Mental in dem Maße ausbilden und ausdehnen, wie wir uns weniger auf die logisch denkende Intelligenz verlassen. Wir können unser Mental dazu trainieren, nicht, wie bisher, jeden einzelnen Blitz intuitiver Erleuchtung gesondert für seine niederen Absichten zu verwenden und unser Denken nicht sofort in eine um diese Intuition sich kristallisierende Betätigung zu stürzen. Wir können es dazu erziehen, dass es vielmehr in einem Strom von aufeinander folgenden und miteinander verbundenen Intuitionen denkt und Licht über Licht in brillanter und überzeugender Weise ausgießt. Bei dieser schwierigen Umwandlung können wir in dem Verhältnis Erfolg haben, in dem wir die sich einmischende Intelligenz läutern. Wir können in ihr das Element materiellen Denkens verringern, das den äußeren Erscheinungen der Dinge ausgeliefert ist. Wir vermögen auch das Element des vitalen Denkens zu reduzieren, das ein Knecht der Wünsche, Begierden und Impulse der niederen Natur ist. Schließlich können wir das Element des intellektuellen Denkens zurückdrängen, das unseren bevorzugten, bereits festgelegten oder uns angeborenen Ideen, Auffassungen, Meinungen, eingefahrenen Intelligenzabläufen dient. Wenn wir diese Elemente auf ein geringstes Maß eingeschränkt haben, können wir sie durch intuitives Schauen und Empfinden der Dinge, durch intuitive Einsicht in die Erscheinungen, durch intuitiven Willen und intuitive Ideenbildung ersetzen. Das ist schwer genug für ein Bewusstsein, das von Natur durch die dreifache Fessel von Mentalität, Vitalität und Körperlichkeit an Unvollkommenheit und Unwissenheit gebunden ist. Im Veda wird die Gebundenheit der Seele mit einem oberen, mittleren und unteren Seil verglichen, den Stricken der aus Wahrheit und Täuschung bestehenden Erscheinungen, mit denen die in Banden liegende menschliche Seele, śunaḥśepa, an den Opferpfosten gebunden ist.“
Sri Aurobindo schreibt in seinem Epos Savitri, deutsche Übersetzung von Wilfried Huchzermeyer:
„So erstrahlte sein Spirit nun weit und rein:
Sein erwachtes Denken wurde zu einer leeren Tafel,
Auf welcher der Alleinige, Universelle schreiben konnte.
Alles, was unser gefallenes Bewusstsein unterdrückt,
Ward von ihm genommen wie eine vergessene Last:
Ein Feuer, das der Körper eines Gottes schien,
Verzehrte die begrenzenden Formen der Vergangenheit
Und schuf weiten Lebensraum für ein neues Selbst.
Der Ewigkeit Kontakt zerbrach die Formen der Sinne.
Eine größere als die irdische Kraft umfasste seine Glieder,
Gewaltige Vorgänge legten seine unentdeckten Schichten bloß,
Unbekannte Energien wirkten, und verdeckte gewaltige Hände
Lösten das dreifache Band des Geistes und befreiten
Die himmlische Weite einer Gottheit Blick.
Wie durch ein Kleid des Trägers Gestalt gesehen wird,
So reichte durch Formen zu verborgenem Absoluten hin
Ein kosmisches Gefühl und transzendente Schau.
Gesteigert und erhöht waren die Instrumente.
Illusion verlor ihre Vergrößerungslinse;
Indem ihrer versagenden Hand die Maße entfielen,
Erschienen winzig Dinge, die vorher so groß.
Des kleinen Egos Ring konnte nicht mehr sich schließen;“
Mirra Alfassa (Die Mutter) erklärt diese Textstelle aus Savitri am 9.11.1968 wie folgt:
„Die Bänder symbolisieren die Begrenzungen des Mentals; und es gibt drei von ihnen, denn es gibt ein physisches Mental, ein vitales Mental und ein mentales [intellektuelles] Mental.“
Knoten | Cakra | Bedeutung |
---|---|---|
Rudra-Granthi | ājñā | intellektuelles Mental |
Vishnu-Granthi | anāhata | vitales Mental |
Brahma-Granthi | mūlādhāra | physisches Mental |
Tabelle: Zuordnung der Granthis zu den Cakren und deren Bedeutung
Nolini Kanta Gupta (ein Schüler von Sri Aurobindo und der Mutter Mirra Alfassa) schreibt in Vol. 4/ The triple Cord:
„Die drei Stränge sind die drei Grenzen des Seins und des Bewusstseins des normalen menschlichen Wesens.
- Es gibt eine Mauer oder Barriere im Verstand, die die höheren Ebenen des Bewusstseins ausschließt, die jenseits des Mentals liegen – die Welten der Vision und der Offenbarung, der Wahrheit und des Weiten.
- Der mittlere Knoten schließt die Welt um sich herum und außerhalb aus und beschränkt das Wesen auf das Ego, verhindert, dass die individuelle Person mit dem Universellen Sein und Bewusstsein kommuniziert. Es ist der wohlbekannte Knoten des Herzens – hrdayagranthi – der Kern des egoistischen Bewusstseins. Er zentriert das ganze Wesen auf sich selbst, begrenzt es auf sich selbst, lässt es nicht aus sich herausgehen, um zum Weltenwesen zu gehören. Er ist auch der Sog, der das Wesen daran hindert, in seine wahre Persönlichkeit, das Psychische [Seelische], hinabzutauchen und seine Vereinigung mit dem inneren Göttlichen zu finden. Dieser egozentrische Knoten muss durchtrennt und der Faden in die Unendlichkeit des tiefsten und weitesten Seins gestreut werden.
- Die letzte Barriere an der Basis des menschlichen Bewusstseins ist die harte Kruste des physischen und materiellen Seins. Sie ist verschlossen gegenüber den dahinter liegenden Regionen, den okkulten Quellen aller äußeren Bewegungen. Auch sie muss abgerissen und in die Abgründe des Nichtseins – die Ur-Prakriti, aus der sie geboren werden – geworfen werden, damit die unterschwelligen Bereiche des Bewusstseins hervortreten und sich manifestieren.
…. Mit anderen Worten, wie wir wissen, bilden das Mental, das Leben [Vital] und der Körper das dreifache Band des menschlichen Wesens und halten es im Rahmen seiner normalen, engen, unsicheren, tastenden Existenz fest; und jeder dieser drei Bestandteile der menschlichen Natur muss von seinen eigenen besonderen Beschränkungen befreit und in die umfassendere Wirklichkeit entlassen werden.
Diese Abstufungen sind die verschiedenen Bewusstseinszustände, die der Mensch in seiner Beziehung zur Weltrealität einnimmt. Mit anderen Worten, sie sind die Instrumente, durch die das menschliche Bewusstsein mit dem Universum in Kontakt tritt. Sie sind sozusagen die Fenster zur Welt, durch die der Kontakt zu den Objekten der Erfahrung hergestellt wird und die Beziehung zu ihnen. Im normalen Bewusstsein werden diese Fenster jedoch gewöhnlich zu einem Fensterflügel mit Stäben und Netzen oder sogar Jalousien darüber gemacht, die den Blick verengen und trüben und sogar blockieren. Sie werden zu Schnüren gemacht, wie die Upanishad sagt, die das Bewusstsein blenden, binden und ersticken. Die Stricke müssen weggeschnitten, weggeworfen werden. Wie Fenster müssen sie weit aufgerissen werden, nicht nur nach außen zum äußeren Objekt oder zur äußeren Realität, sondern auch nach innen zu den Realitäten, den Welten, die im Inneren, darüber und jenseits liegen.“
Ich danke Wilfried Huchzermeyer für die Durchsicht des Textes und für seine Korrekturvorschläge.